Wöhlerlinien vom Typ I:
Nachdem das Versagen an der Oberfläche eingetreten ist, bleibt das Bauteil auch nach einer großen Anzahl an Lastwechseln dauerfest.
Um die Festigkeit von Bauteilen oder Baugruppen zu bestimmen wird in der Praxis mit der Wöhlerlinie gearbeitet. Die Daten, die der Kurve zugrunde liegen, ergeben sich aus dem Dauerschwingversuch (Wöhlerversuch) und zuvor bekannten statistischen Erhebungen. In ein Diagramm übertragen ergeben diese Informationen die Wöhlerlinie.
Hierbei wird auf der y-Achse die Belastung (N/mm2) und auf der x-Achse das Schwingspiel (die Lastwechsel) dargestellt. Hier sind die drei Bereiche Kurzzeitfestigkeit, Zeitfestigkeit und Dauerfestigkeit gut abzulesen: Diese Bereiche unterscheiden sich in der Anzahl der Lastwechsel, bevor das Bauteil einen Schaden erleidet.
So wird am Beispiel von Stahl im Lastwechsel-Bereich von 100–30.000 Lastwechsel vom Bereich der Kurzzeitfestigkeit gesprochen und im Bereich bis 2.000.000 Lastwechsel von der Zeitfestigkeit. Alle Bauteile, die mehr Lastwechsel überleben befinden sich im Bereich der Dauerfestigkeit nach DIN 50100. Das Aussehen der Wöhlerlinie verändert sich abhängig vom geprüften Material, der Geometrie des Bauteils, der Art und Richtung der Belastung sowie der Mittelspannung.
Die Wöhlerkurve ist eine grafische Darstellung der Belastbarkeit einer Baugruppe oder eines Bauteils. Die Daten für die Erstellung der Wöhlerkurve werden mit dem Wöhlerversuch bzw. dem Dauerschwingversuch ermittelt. Aus der Kurve kann später abgelesen werden, wie viele Lastwechsel ein Bauteil ertragen kann, bevor es zum Versagen kommt.
Im Dauerschwingversuch (eng. High Cycle Fatigue Versuch) wird nach DIN 50100 / ASTM E466-15 / ISO 1099 (bzw. ASTM D3479 für Kompositmaterialien) ein Bauteil mit einer sich periodisch ändernden Last beansprucht. Für die Ermittlung der Kurzzeitfestigkeit wird zudem über der Low Cycle Fatigue Versuch nach ISO 12106 und ASTM E606 herangezogen.
Die Konstruktion der daraus einstehenden Wöhlerkurve ist meist doppellogarithmisch, um ein besseres Ablesen und Arbeiten mit der Kurve zu gewährleisten.
Häufig haben OEM (Original Equipment Manufacturer) eigene Werksnormen, welche auf die spezifischen Bedürfnisse angepasst sind. Diese sind u.a. in der Baubranche, dem Maschinen- und Anlagenbau und der Flugzeug-, Bahn- und Automobilindustrie zu finden. All diese Bereiche nutzen die Wöhlerkurve als Kriterium für die Berechnung einzelner Bauteile, da hier eine hohe Anzahl an Belastungszyklen auftreten können.
Nachdem das Versagen an der Oberfläche eingetreten ist, bleibt das Bauteil auch nach einer großen Anzahl an Lastwechseln dauerfest.
Hier verläuft die Spannung nach dem Abknickpunkt weiter gegen Null. Eine ausgeprägte Dauerfestigkeit ist nicht vorhanden und das Bauteil wird bei gleicher Belastung irgendwann brechen.
Die Wöhlerlinie vom Typ III stellt einen mehrstufigen Verlauf dar. Nachdem der Bruch an der Oberfläche erfolgt ist, bleibt für eine gewisse Zeit die Festigkeit gleich. Erst nach X Lastwechseln sinkt diese noch einmal, um dann im dauerfesten Bereich zu bleiben.
Die Wöhlerlinie vom Typ IV hat keinen Abknickpunkt und auch keine Dauerfestigkeit. Die Festigkeit nimmt mit einer steigenden Anzahl an Lastwechseln linear ab und führt somit zwangsläufig zum Bruch.
Betrachtet man die Wöhlerkurve, so kann diese grob in drei Bereiche eingeteilt werden. Die Höhe der Spannungsamplitude steht hierbei in Zusammenhang mit der Anzahl der Schwingspiele:
Im Bereich der Kurzzeitfestigkeit bricht die Probe schon nach wenigen Lastwechseln. Die Anzahl der Lastwechsel liegt, je nach Bauteil, bei maximal 104 bzw. 105 Schwingspielen.
Übersteht ein Bauteil bei gleicher Krafteinwirkung mehr Lastwechsel, spricht man von der Langzeitfestigkeit.
Nähert sich die Kurve einer horizontalen Linie, liegt man im Bereich der Dauerfestigkeit. Dieser tritt bei ca. 106 Schwingspielen ein. Hierbei ist zu beachten, dass äußere Faktoren, wie Temperatur, Materialgüte etc., die Dauerfestigkeit beeinflussen können.
Jedes Bauteil bzw. jede Baugruppe durchlebt in ihrem Lebenszyklus unterschiedliche Belastungen, die teilweise stark variieren können. Diese variierenden Belastungen können klassiert und akkumuliert werden um als Grundlage für eine Belastungskurve zu dienen. Der rechnerische Vergleich zwischen der Wöhlerlinie und der Belastungskurve ergibt einen Auslastungsgrad, bzw. eine Schadenssumme. Das bedeutet, dass eine Überlebens-Wahrscheinlichkeit für das Bauteil in verschiedenen Anwendungen berechnet werden kann.
Auch ohne, dass eine versuchsmäßige Absicherung eines Bauteils durchgeführt wird, kann mit Wöhlerkurven von genormten Materialproben eine Auslegung erfolgen. Mit Hilfe von Faktoren, wie beispielsweise der FKM-Richtlinie wird diese Auslegung standardisiert und normiert.
Die Wöhlerlinie wird anhand von Versuchen auf unterschiedlichen Spannungsniveaus ermittelt. Für eine bessere Lesbarkeit der Ergebnisse wird die Wöhlerkurve doppellogarithmisch dargestellt. Außerdem hängt die Darstellung der Kurve von der zu erwartenden Überlebenswahrscheinlichkeit der Bauteile ab. So werden durch Erfahrungswerte und zuvor durchgeführte Testergebnisse die Einheiten der Kurve so gewählt, dass die gewünschten Ergebnisse gut ablesbar sind. Das führt dazu, dass Wöhlerkurven, je nach gewünschter Überlebenswahrscheinlichkeit anders aussehen können. Ein Beispiel für dieses Phänomen ist die Gauß’sche Glockenkurve.
Da die Wöhlerkurve nur für bestimmte Mittelspannungen gültig ist, kann die Mittelspannungsempfindlichkeit erprobt und somit die Belastung auf diese Mittelspannung normiert werden. Die Anzahl der Prüflinge ist in der DIN Norm 50100 festgelegt und hängt von der statistischen Streuung sowie der gewünschten Aussagegenauigkeit des Versuches ab. Die Anzahl kann zwischen 5 Prüflingen, was eine unpräzise Kurve hervorbringt, bis hin zu mehreren hundert Prüflingen variieren.
Ein Versuchsaufbau zur Ermittlung der Wöhlerkurve sieht wie folgt aus:
Die Prüflinge werden über eine längere Zeit beansprucht, um ein Wöhlerdiagram für ein Bauteil zu erhalten. Diese Beanspruchung erfolgt sinusförmig. In Einzelfällen werden auch andere Spannungsformen verwendet, diese sind in der Regel aber nicht brauchbar. Das Bauteil wird auf ein Lastniveau gefahren, bis es entweder ausfällt, dann wird es im Wöhlerdiagram als „Kreuz“ vermerkt, oder es durchläuft den Zyklus, dann wird ein „Kreis“ im Diagramm eingetragen.
Die Verfahren zur Ermittlung der Wöhlerkurve im Versuch, nach DIN 50100 sind:
Bei allen Versuchen ist eine Wiederholgenauigkeit elementar. Folgende Faktoren sind zu beachten:
Nachdem Prüflinge im Dauerschwingversuch unter Lastwechsel gesetzt worden sind, müssen bei ihnen geprüft werden, ob Anrisse vorhanden sind oder nicht. Hierzu gibt es verschiedene Prüfverfahren:
Die Wirbelstromprüfung ist ein elektrisches und kontaktloses Prüfverfahren. Zerstörungsfrei können so Beschädigungen an elektrisch leitenden Werkstoffen ermittelt werden. Hierbei wird der Effekt genutzt, dass die meisten Verunreinigungen und Beschädigungen an elektrisch leitfähigen Materialien auch eine andere elektrische Leitfähigkeit als das eigentliche Material haben.
Bei dem Farbeindringverfahren wird oberflächlich Farbe auf den Prüfling aufgetragen. Durch die Kapillarwirkung des Risses zieht sich die Farbe in den Riss. Nach dem oberflächlichen Entfernen der Restfarbe wird die Farbe im Riss durch ein Zugmittel wie Kreidespray wieder sichtbar gemacht. So lässt sich der Riss lokalisieren.
Während der Magnetpulverrissprüfung wird eine fluoreszierende Flüssigkeit auf den Prüfling aufgetragen und magnetisiert. Unter Schwarzlicht werden Risse auf der Oberfläche sichtbar.
Auch die Ultraschallprüfung ist zerstörungsfrei und kann angewendet werden, während das Bauteil verbaut ist. Die Eigenschaft von Schallwellen, sich in unterschiedlichen Medien verscheiden auszubreiten, wird genutzt, um Unregelmäßigkeiten zu erkennen. Voraussetzung für dieses Verfahren ist ein schallleitfähiger Werkstoff, wozu die meisten Metalle zählen. Die Ultraschallprüfung wird u.a. für die Analyse von Schweißnähten, Schmiedestücken und zur Bestimmung von Lackschichten herangezogen.
Aluminium hat eine Wöhlerkurve vom Typ II und somit keine ausgeprägte Dauerfestigkeit. Ab dem Abknickpunkt nimmt die Belastbarkeit weiter ab.
Holz hat eine bessere Schwingfestigkeit als die statische Festigkeit.
Zum Kunststoff lässt sich keine allgemein gültige Aussage treffen. Der große Vorteil dieses Baustoffes besteht darin, dass er sehr spezifisch angepasst und somit optimal ausgelegt werden kann.
Gummi kann sehr gut mit Schwingungen umgehen, hat aber nur eine geringe Festigkeit.
Bei faserverstärkten Kunststoffen wie CFK oder GFK kommt es sehr stark drauf an, in welche Richtung die Kräfte wirken. So ist hierbei in Faserrichtung die größte Schwingfestigkeit gegeben. Quer zur Faserrichtung bricht das Material sehr schnell.
Das Aussehen von Wöhlerlinien für Stahl hängt stark von der Art des Materials und der Legierung ab, weshalb keine allgemeine Aussage getroffen werden kann.
Da sich der Verlauf der Wöhlerkurve ändern kann, hier die größten Einflussfaktoren auf das Aussehen der Kurve:
Materialien, die einer Wechselbeanspruchung der Last unterliegen, haben eine geringere Belastbarkeit als statische.
Die Mittelspannung beeinflusst die Dauerfestigkeit (siehe auch Haigh-Diagramm)
Kubisch-raumzentrierte Werkstoffe haben eine ausgeprägte Dauerfestigkeit
Auf die Schwingfestigkeit hat die Geometrie immer einen größeren Einfluss als die Materialauswahl. Außerdem kann eine unsachgemäße Bearbeitung, Oberflächenbehandlungen etc. die Schwingfestigkeit beeinflussen
Auch eine statistische Streuung der der Wöhlerkurve muss bei der Berechnung von Bauteilen beachtet werden. Die statistische Streuung wirkt sich auf die Haltbarkeit des individuellen Bauteils aus. Bauteile sind nie zu 100% identisch und weisen damit minimale Abweichungen in Festigkeit auf. Gründe hierfür sind Unterschiede in den Chargen, Verschleiß an Werkzeugen während der Verarbeitung, Unregelmäßigkeiten bei dem Gießen und viele weitere Einflussfaktoren. Deshalb ist in der Produktion sowohl der Endprodukte als auch der Prüflinge auf Prozessstabilität und Gleichheit des eingesetzten Materials zu achten.
Um die Abhängigkeit der Dauerfestigkeit von der Mittelspannung oder des Spannungsverhältnisses darzustellen werden Dauerfestigkeitsschaubilder nach Smith und nach Haigh genutzt, die im Folgenden kurz vorgestellt werden:
Das Smith-Diagramm wird aus der Wechselfestigkeit und der aufgebrachten Mittelspannung konstruiert. Die Wechselfestigkeit Sw wird positiv sowie negativ auf der y-Achse abgetragen. Außerdem werden die Zugfestigkeit Rm und Streckgrenze Re zur Konstruktion benötigt (Re nur auf y-Achse). Die Gerade in der Mitte des Diagramms ergibt sich aus der Zugfestigkeit, abgetragen auf x- und y-Achse, verbunden mit dem Ursprung. Der dauerfeste Bereich wird von der Streckgrenze begrenzt. Die Symmetrie in der Spitze des dauerfesten Bereichs ergibt sich aus dem Verhältnis aus Ober- und Unterspannung (So und Su).
Mit Hilfe des Haigh-Diagramm kann die Spannungsamplitude in Kombination mit der Mittelspannung abgelesen werden, die dauerfest ist. Es wird die Gerade von der Wechselfestigkeit σ mit der Zugfestigkeit Rm auf der x-Achse verbunden. Dann wird die Streckgrenze auf beiden Achsen angetragen. Man verbindet beide angetragenen Streckgrenzen zur Streckgrenzengerade. Die Goodman-Gerade ist die Gerade die die Wechselfestigkeit mit der Zugfestigkeit verbindet.
Die Finite-Elemente-Methode (FEM) findet ihre Anwendung im Zusammenhang mit der der Wöhlerlinie. Ziel hierbei ist es, Bauteile genauer und für das Anwendungsfeld zielgerichteter auslegen zu können. Mit einer Materialwöhlerlinie können aus der FEM Spannungen im Bauteil abgeleitet werden.
Kosten für Materialproben sind oft hoch. Mit diesen Punkten lassen sie sich jedoch senken:
Flexible, anpass- und wandelbare Prüfstände verwenden
Präzise Simulationen mit der Finite-Elemente-Methode
Genaue und reproduzierbare Versuchsergebnisse schaffen