Dehnungsmessstreifen (DMS) in der Betriebsfestigkeit

Dehnungsmessstreifen, auch unter der Abkürzung DMS bekannt, sind Messeinrichtungen zur Erfassung von Verformungen. DMS bestehen aus mäanderförmig (schlangenartig) gelegtem Draht auf einer aus mit Metall beschichteten Trägerfolie. In erster Linie dienen DMS zur Ermittlung einer Widerstandsänderung im Draht, die von einer Längen- und somit Querschnittänderungen herrührt. Die Widerstandsänderung kann mit Hilfe von Hilfsmitteln, wie unter anderem einer Wheatstone´schen Brückenschaltung, gemessen werden.

DMS sind durch eine Reihe von materialspezifischen Kenndaten charakterisiert. Üblicherweise werden DMS mit den Widerstandswerten von 120 Ω, 350 Ω, 600 Ω und 1000 Ω angeboten. Die auftretende Dehnung ε gibt die relative Längenänderung ε=∆l/l an. Da die DMS-Messtechnik auf der Widerstandsänderung infolge einer eingeleiteten Dehnung bei gleichzeitiger Kontraktion (Verdünnung oder Verdickung) basiert, verändert sich der elektrische Widerstand des DMS. Die relative Widerstandsänderung kann wie in der nachfolgenden Formel beschrieben werden.

k * ε = k * ∆l / l = ∆R / R

Der k-Wert gibt an, um welchen Faktor die relative Widerstandsänderung über der relativen Längenänderung liegt. Bei einem hohen k-Wert ergibt sich bei gleicher Dehnung eine große Widerstandsänderung. Der Proportionalitätsfaktor k liegt bei handelsüblichen DMS in der Größenordnung von 2.

Was sind Dehnmessstreifen und Welchen Zweck erfüllen sie?

Mit Hilfe von DMS werden im Laborumfeld der elektrische Widerstand sowie die Längenveränderung, die durch mechanische Belastungen an den Proben auftreten und aufgezeichnet werden, gemessen. Die aufgezeichneten Dehnungen können anschließend zur Ermittlung der örtlichen, maximalen Spannungen verwendet werden. Darüber hinaus können die aufgezeichneten Dehnungen als Vergleich mit FEM-Simulationsergebnissen herangezogen werden.

Die örtliche Spannung ergibt sich aus dem Zusammenhang zwischen der Dehnung ε und dem materialabhängigen E-Modul und ist auf das Hook´sche Gesetz zurückzuführen. Das Ergebnis der Multiplikation aus der Dehnung ε und dem E-Modul Ε ergibt die Spannung σ, wie nachfolgenden dargestellt ist:

σ = ε * Ε

Die Berechnung der örtlichen Spannung erfolgt auf dieser Weise auf einfachem Wege, da sowohl das E-Modul Ε als auch die Dehnung ε mit Hilfe des DMS ermittelt wird.

Wie ein Ergebnis aus einer DMS-Messung aussieht

Das Ergebnis einer Messung bildet den Verlauf der Spannung [in Volt] über die Zeit [in Sekunden]. Mit Hilfe eines Messverstärkers und eines Datenblattes, zur Bestimmung des k-Faktors, kann die aufgezeichnete Spannung in eine Dehnung umgerechnet werden. Anschließend kann die ermittelte Dehnung ε mit Hilfe des Hook´schen Gesetzes in eine örtliche Spannung σ berechnet werden.

Welche Arten von DMS (Dehnungsmessstreifen) es gibt

Es existieren eine Reihe von verschiedenen DMS. Diese unterscheiden sich im Trägermaterial und im Verfahren der Anbringung. Einige DMS werden geklebt, andere teilweise geschweißt. Je nach Temperatur werden unterschiedliche Materialien eingesetzt. Die gängigsten werden im Folgenden vorgestellt:

Einzel-Dehnungsmesstreifen:

Der Einzel-Dehnungsmesstreifen misst die Dehnung nur in einer Richtung und bildet ein arithmetisches Mittel über die Gitterlänge des DMS. So sind punktuelle Messungen möglich.

Ketten-Dehnungsmessstreifen:

Die Ketten-Dehnungsmessstreifen sind üblicherweise in Form von Ketten, die in engen Abständen zueinander oder überlappend geklebt werden, um Maxima und Spannungsüberhöhungen zu lokalisieren. Ketten-DMS bestehen aus vielen hinter- oder nebeneinander geklebten Gittern. Für jedes Gitter eines DMS werden wiederum jeweils separate Messbrücken benötigt.

Rosetten-Dehnungsmessstreifen:

Die Rosetten-Dehnungsmessstreifen werden eingesetzt, wenn die Hauptspannungsrichtung nicht bekannt ist. Rosetten-Dehnungsmessstreifen bestehen aus mindestens zwei Dehnungsmesstreifen, die nahe beieinander positioniert sind, um Dehnungen in unterschiedlichen Richtungen an dem zu bewertenden Bauteil zu messen. Im Gegensatz zu Einzel-Dehnungsmessstreifen wird nicht nur in einer Richtung effektiv gemessen, sondern durch die Nutzung mehrerer Dehnungsmessstreifen besteht die Möglichkeit, mehrere Messungen durchzuführen und die Dehnung so genauer beurteilen zu können. Rosetten-Dehnungsmesstreifen werden in der Regel in zwei Konfigurationen angeboten:

  1. Anordnung von drei Dehnungsmessstreifen in einem gleichseitigen Dreieck, also in einem Winkel von 60°
  2. Anordnung von zwei Dehnungsmesstreifen in einem Winkel von 90°und ein Dehnungsmessstreifen befindet sich zwischen den beiden Dehnungsmessstreifen in einem Winkel von 45°

Die Wheatstone'sche Brücke - Bedeutung für die Dehnungsmessung

Die DMS-Messtechnik basiert auf der Widerstandsänderung eines Messgitters infolge einer eingeleiteten Dehnung. Durch die Längung des Messgitters bei gleichzeitiger Kontraktion nimmt der elektrische Widerstand des DMS zu.

Die applizierten DMS werden in einer Wheatstone´schen Brückenschaltung verschaltet und von einem Messverstärker eingespeist. Die Wheatstone´sche Brückenschaltung besteht aus vier Widerständen und der Speisespannung. Es wird die Diagonalspannung U5 gemessen. Häufig wird die Konfiguration ausgewählt, dass mit vier Messgittern eine Vollbrücke verschaltet, aber als Diagonalbrücke betrieben wird. Zwei DMS nehmen die Dehnung auf, die beiden anderen DMS sind quer zur Dehnungsrichtung appliziert und dienen so zur Temperaturkompensation.

Eine Viertelbrücke ersetzt einen der vier Brückenwiderstände durch einen DMS. Für die Verbindung vom Messverstärker zum DMS sind zwei Leiter erforderlich. Bei der Messung wird auch die Änderung dieser Leistungswiderstände mitgemessen. Neben der Vollbrücke in 4-Leiter-Technik und der Viertelbrücke in 2-Leiter-Technik gibt es eine Reihe weiterer Konfiguration, die im nachfolgenden teilweise aufgelistet sind:

  • Viertelbrücke in 3-Leiter-Technik
  • Halbbrücke in 3-Leiter-Technik
  • Zweit-Viertelbrücke (Diagonal-Brücke) in 4-Leiter-Technik
  • Vollbrücke in 6-Leiter-Technik

Applikation von Dehnmessstreifen (DMS) leicht erklärt

Die Applikation von DMS erfordert eine Reihe von vorbereitenden Maßnahmen, die in den folgenden fünf Schritten erläutert und empfohlen werden.

  1. Vorbereitung des Dehnungsmessstreifens:

    Handhaben Sie elektrische Dehnungsmessstreifen vorsichtig, um Beschädigungen zu vermeiden. Nutzen Sie dazu eine saubere Glasfläche, auf der Sie den Dehnungsmessstreifen für die Vorbereitung platzieren. Sauberkeit ist für alle Arbeitsphasen unerlässlich, andernfalls wird das spätere Messergebnis durch Fette, Rost, Staub oder andere Partikel beeinträchtigt. Reinigen Sie die Glasfläche mit Fleecestoffpads mit Hilfe einer Pinzette. Nehmen Sie einen dünnen Streifen Klebeband, um das Messgitter des DMS abzudecken. Seien Sie vorsichtig, damit Sie die vorgelöteten Kabel nicht beschädigen.
  2. Vorbereitung der Installationsfläche:

    Ziel ist es, eine absolut saubere, leicht benetzbare Oberfläche zu haben (je nach Materialwerkstoff erfordert die Vorbereitung eine andere - Es folgt eine allgemeine Beschreibung des Vorgehens für eine metallische Oberfläche). Zuerst erfolgt eine Grobreinigung der Oberfläche. Öl, Partikel und andere Verschmutzungen müssen vollständig entfernt werden. Fahren Sie mit dem reinigungsmittelgetränkten Fleecstoffpad über die Oberfläche, um alle groben Verschmutzungen zu entfernen. Rauen Sie die Oberfläche mit Schmirgelpapier auf, um bessere Bedingungen für das spätere Kleben zu schaffen. Dann verwenden Sie wieder reinigungsmittelgetränkte Fleecestoffpads, um weitere, noch bestehende Verschmutzungen zu beseitigen. Markieren Sie nun mit einem Stift die Stelle, an die der DMS angebracht wird, ohne die Oberfläche zu beschädigen. Reinigen Sie danach erneut mit einem neuen reinigungsmittelgetränkten Fleecstoffpad die Oberfläche. Nun kann der Dehnungsmessstreifen angebracht werden.
  3. Kleben des Dehnungsmessstreifens:

    Suchen Sie sich einen passenden Klebestoff aus. Es sind verschiedene Materialien zur Oberflächenvorbereitung erforderlich, wie z.B. hitzebeständiges Klebeband, Fluorpolymer-Trennfolie und der Klebstoff. Nehmen Sie den vorbereiteten DMS und positionieren Sie ihn auf dem Testobjekt anhand der vorher aufgebrachten Markierung und befestigen Sie ihn mit Klebeband. Stellen Sie sicher, dass er über das Scharnier aus Klebeband umgeklappt werden kann. Es muss unbedient die gesamte Fläche des DMS mit Klebeband überdeckt sein. Verwenden Sie eine Fluorpolymer-Trennfolie als Separator während des Klebevorgangs. Verteilen Sie den Klebstoff dünnflächig über die gesamte Klebefläche. Klappen Sie nun den DMS um, um ihn auf die Oberfläche zu kleben. Üben Sie circa eine Minute Druck mit Ihrem Daumen auf die gesamte Klebefläche aus, bis der Klebestoff ausgehärtet ist. Entfernen Sie danach die Fluorpolymer-Trennfolie und eventuelle Klebebandreste.
  4. Überprüfen der DMS-Installation:

    Kontrollieren Sie in einer Sichtprüfung, ob die DMS-Oberfläche eben ist, eine gleichmäßige Farbe hat, zwischen Oberfläche und Messstreifen keine Luftbläschen zu sehen sind und es keine Verschmutzungen gibt. Helle oder dunkle Stellen unter dem DMS sind Indikatoren, dass es während des Klebevorgangs Installationsfehler gab. Überprüfen Sie mit einem Ohmmeter den Installations- und Durchgangswiderstand des DMS. Liegt der Installationswiderstand nicht in einem spezifizierten Bereich, arbeitet der DMS möglicherweise nicht ordnungsgemäß. Liegt der Durchgangswiderstand nicht im spezifizierten Bereich, kann es ebenfalls zu einer Verfälschung der Messung kommen. Ein nicht ordnungsgemäß installierter DMS führt zu fehlerhaften Messergebnissen.
  5. Realisierung einer Zugentlastung der DMS-Installation:

    Eine Zugentlastung entkoppelt und schützt den DMS vor anderen,äußeren mechanischen Einflüssen. Darüber hinaus haben einige DMS bereits eine integrierte Zugentlastung. Um eine Zugentlastung zu schaffen sind Klebeband und ein Befestigungsmittel erforderlich. Geben Sie den Klebstoff mit einem Stäbchen auf die Stelle, an die das Kabel befestigt ist. Warten Sie bis der Klebstoff getrocknet ist und entfernen Sie das Klebeband. Damit ist sichergestellt, dass mechanische Belastungen des Kabels vom DMS entkoppelt sind.

Eine Fachkraft für DMS Applikationen sollte folgende Fähigkeiten mitbringen:

  • Hohe Genauigkeit beim Arbeiten
  • Ein Blick für Details der Werkstoffe, des Messmittels und des dazugehörigen Klebstoffs
  • Fingerspitzengefühl zur Dosierung des Klebers
  • Saubere Arbeitsvorbereitung und Schaffung der notwenigen Umgebungsbedingungen

Shunts zum Abgleich der Grundlinienverschiebung

Shunts sind definierte Widerstände zum Funktionstest des DMS. Sie werden parallel zum DMS geschaltet. Der Anwender weiß, welchen Wiederstand der Shunt aufweist. Dadurch wird die Grundlinie, die das Ergebnis aus der DMS-Messung darstellt, definiert verschoben. Durch diese Grundlinienverschiebung werden Messfehler ausgeglichen.

Drei häufige Fehler bei der Applikation von DMS

  1. Zu hohe Luftfeuchtigkeit bei der Applikation:

    Zu den häufigsten Fehlern bei der Applikation von DMS gehören zum einen die Luftfeuchtigkeit. Die Luftfeuchtigkeit sollte größer oder gleich 40% sein, da es ansonsten zu Bindungsproblemen mit dem Klebstoff kommen kann.

  2. Temperaturunterschiede zwischen Werkstück und DMS bzw. Fingern:

    Ein weiterer Fehler der häufig auftritt, ist der Temperaturunterschied zwischen dem Werkstück und dem Daumen, mit dem man den DMS aufdrückt. Der Temperaturunterschied darf nicht zu hoch sein, da sich sonst Kondensat bilden kann. Dies kann dazu führen, dass der Kleber nicht bindet.

  3. Werkstück unsauber, nicht entfettet oder nicht angeraut:

    Die zu klebende Fläche muss angeraut, sauber und fettfrei sein und es dürfen keine Luftbläschen enthalten sein, da diese die Messungen verfälschen würden.

Bedeutung der Poissonzahl für den Einsatz von DMS

Die Poissonzahl ist die Querkontraktionszahl. Hier wird die Querschnittsveränderung des Messgitters durch die Längenveränderung beschrieben. Der Widerstand des Messgitters ändert sich sowohl durch die Verlängerung des Messgitters als auch durch die Querschnittsverjüngung in Folge der Längenänderung. Das hat Auswirkungen auf den am Ende gemessenen Wert. Der k-Faktor berücksichtigt die Längs- und Querdehnung, sowie den spezifischen Widerstand (auf Längen- und Querschnittsänderung bezogenen Widerstand). Das heißt die Poissonzahl muss bei entsprechender Vorbereitung durch den Anwender nicht in den Messergebnissen berücksichtigt werden.

Alternativen zu DMS

Es gibt nur wenige Alternativen zu DMS. Eine Alternative stellen berührungslose Dehnungsmessung mit optischen Extensometern (z.B. Firma GOM aus Braunschweig) dar.

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